#diewelle

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In meiner Kindheit war die Welle eine von Dauer, die Dauerwelle nämlich, die sich die Damen regelmäßig beim Friseur machen haben lassen. Nicht zu verwechseln mit der Wasserwelle, wo der Friseur/die Friseurin die Haare meisterhaft an den Kopf legt.

Seit meiner Jugend verbinde ich mit „Die Welle“ den Film, jedenfalls die Erstfassung aus dem Jahr 1981. Später war „die Welle“ jener Ausdruck von Begeisterung bei Veranstaltungen, wenn sich das Publikum nacheinander vom Platz erhoben hat. Nun … Veranstaltungen gibt es aktuell keine.

Und heute?

Wir stecken jetzt mitten in der zweiten Welle. Jene Welle, die über unser Land strömt und uns in den zweiten Lockdown gezwungen hat. Was ist geschehen? Haben all die Maßnahmen nicht geholfen? Hat die Regierung verschlafen, Vorkehrungen zu treffen für den Winter? Es ist die zweite Welle, der zweite Lockdown und trotzdem ist es so anders als im März.

Bild Quelle Pixabay

Am letzten Abend vor diesem zweiten Lockdown wurde Österreich durch einen Terroranschlag in seinen Grundfesten erschüttert. Menschen, die vor den Ausgangssperren noch einmal den schönen Abend genießen wollten, wurden getroffen, vier Menschen wurden vom Attentäter getötet, viele wurden verletzt. Viel wurde darüber berichtet, viel darüber geschrieben.

Ich habe mich in meine Zeit in Paris zurückversetzt gefühlt. Es war 1995, als in Paris mehrere Anschläge verübt wurden. Man lernt damit zu leben. Und doch hinterlässt es Narben, Spuren auf der Seele. Es weckt auch Feindbilder, was im Übrigen ja die Absicht ist. Immer bleibt die Frage nach dem Warum. Immer bleibt die Frage, ob man es verhindern hätte können. Und doch ist so ein Anschlag greifbarer als das Virus.

Fürs Erste.
Denn sobald der engste Freundeskreis, vielleicht sogar die Familie betroffen ist, ist auch das Virus zum Greifen nahe.

Sehen kann man es immer noch nicht. Doch spüren. Sobald man befürchtet, infiziert zu sein oder sobald man weiß, dass man mit jemandem Kontakt hatte, der nun plötzlich Symptome zeigt … in dem Moment ändert es sich. Gedanken kreisen. Plötzlich ist das Virus in den eigenen vier Wänden. Das Schreckgespenst ist da. Glück hat man, wenn man einen Platz hat, wo sich der/die vermeintlich Infizierte zurückziehen kann. Noch mehr Glück hat man, wenn dann das Testergebnis negativ ist. Das sind die Momente, wo nur negativ positiv ist. Es dauert dann trotzdem noch, bis der Schreck aus den Knochen gewichen ist, auch wenn die Erleichterung groß ist. Man bekommt trotzdem eine Ahnung davon, wie es sein könnte oder für viele Menschen bereits ist.

Teste die Massen

In Österreich wollte man die Massen testen. Mit 2 Millionen TeilnehmerInnen ist man hinter den Erwartungen geblieben. Es wurden über 4.500 Infizierte entdeckt, die es bisher nicht wussten. Es wird darüber gejammert, dass sich nicht so viele Menschen testen haben lassen wie vorgesehen. Im Durchschnitt über Österreich waren es 22 %. Was mich an diesen Zahlen stört ist, dass es doch trotzdem mehr Menschen gibt, die einen Schnelltest gemacht haben. Wurden z.B. Firmen, die ihre MitarbeiterInnen intern testen ließen, in diese Zahlen einbezogen? Ich weiß es nicht. Aber wie heißt es so schön: Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.

Organisiert war es super! Ich habe mich in der Messehalle angemeldet, binnen 30 Minuten war ich durch und – Gott sei Dank – negativ. Man muss sich jedoch dessen bewußt sein, dass es eine Momentaufnahme ist. Schon im nächsten Augenblick kann man sich anstecken, wenn man sich nicht an die Regeln hält. Wie auch immer … über 4.500 Menschen weniger, die das Virus verbreiten und neuen Cluster bilden! Das ist doch ein Erfolg … würde ich meinen. Dass es kein Allheilmittel ist sieht man an der Slowakei, die trotz Massentests nun in einen Lockdown geht.

Bei uns wird darüber spekuliert, dass bei der nächsten Runde für die Massentests Anreize geboten werden sollen, damit dieses Angebot in Anspruch genommen wird. Soll mir recht sein! Aber bitte kein Bargeld! Gebt den Menschen Gutscheine, die sie wieder in die Wirtschaft investieren können.

Nach wie vor … Abstand

Ich bin wieder – oder eigentlich immer noch – zu großen Teilen im Homeoffice. Ab und zu muss ich aber trotzdem ins Büro. Absolut keinen Spaß macht mir der Weg dorthin, würde ich ihn doch zu gern vermeiden.

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Ich habe mir Kopfhörer zugelegt, die ich mir vor der Haustüre über die Ohren stülpe und erst im Büro wieder runternehme. In der Straßenbahn schau ich auf Abstand, im Zug will ich alleine sitzen. Ich scheue den Kontakt zu fremden Menschen. Nun, nicht nur zu fremden Menschen, ich ziehe mich nach wie vor sehr zurück. Sozialkontakte sollen ja sowieso zurückgestellt werden, das trifft sich also gut.

Dass auch die Golfplätze geschlossen wurden, trifft mich unmittelbar. Doch angesichts des aktuellen Wetters ist auch dieser Verlust überschaubar. In der Zwischenzeit sind die Golfplätze wieder offen und warten drauf, dass sie bespielt werden. So lange es nicht friert, geht das gut.

Ich muss nicht in ein Restaurant, auch fehlendes Kino kann ich verschmerzen. Dass Theater nicht offen sind, tut mir sehr leid – vor allem für die Künstler – aber selbst habe ich derzeit auch kein großes Bedürfnis in einem großen Saal mit vielen Menschen zu sitzen. Ins Fitnessstudio muss ich derzeit auch nicht, auch wenn es mir sehr leid tut, dass ich meine Anschluss-Reha an meine Kur nicht abschließen konnte. Als Konsument kann ich gut mit all den Einschränkungen leben und gut auf all das verzichten. Für die Betreiber bzw. jene, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen schaut es natürlich ganz anders aus.

Was für viele nicht ganz verständlich ist – und ich schließe mich da an – ist, was weiter offen bleiben durfte und was geschlossen werden musste. Oder auch eigentlich offen halten musste, weil es nicht auf der Liste der geschlossenen Geschäfte steht und somit keinen Anspruch auf die Unterstützungen hat.

Zum Beispiel die Reisebüros, sie sollen keine Reisen verkaufen, Kunden dürfen eigentlich nicht kommen und offen halten sollen sie trotzdem? Häh? Wer hat sich das ausgedacht? Der kleine Blumenhändler muss geschlossen halten und der Supermarkt nebenan verkauft Blumen? Abholen lassen dürfen die Buchhandlungen ihre Onlinebestellungen nicht, Restaurants dürfen zwar auch niemanden hinein lassen, aber sehr wohl abholen lassen und liefern.

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Knapp vor dem Lockdown – als er schon verkündet war und sich der Handel eine Rabattschlacht geliefert hat – haben sich die Leute noch in Massen in langen Schlangen bei den Geschäften angestellt, um die zahlreichen Angebote zu erwischen. Winter Sale statt Weihnachtsgeschäft war angesagt, um nicht auf der Ware sitzen zu bleiben.

Ich frage mich, wie sich das alles auswirkt. Immer wieder entdecke ich für mich neue Wechselwirkungen. Irgendwie hängt doch alles zusammen. Existenzen gehen zugrunde. Die wirtschaftliche Basis bricht weg. Nach wie vor sind jene, die einen Arbeitsplatz haben begünstigt und jedenfalls froh, weiterhin im Arbeitsprozess bleiben zu können.

Es ist zum Haareraufen!

Was ist mit den Kindern in der Schule, den Bildungseinrichtungen? Manchmal wünschte ich mir, es gäbe die Möglichkeit wie in „Zurück in die Zukunft“ auf einen Hupfer nachzuschauen, was denn da los ist. Wie sich alles auswirkt. Aber nur manchmal. Zuviel Wissen macht Kopfweh. Und schon muss ich lachen. Wer kennt die Szene, wo im Film gesagt wird, dass der Schauspieler Reagan eines Tages Präsident sein wird? Das hätte damals niemand für möglich gehalten.

Wer hätte gedacht, dass SchülerInnen dafür demonstrieren werden, dass sie IN DIE SCHULE gehen dürfen? Begleitet uns doch das Lied „Nie mehr Schule!“ schon seit 1982 und somit schon mehrere Generationen von SchülerInnen. Schon wir haben dieses Lied mit Inbrunst gesungen! Heute geht es nicht mehr nur um den sozialen Aspekt, weil sie ihre Freunde sehen möchten. Heute geht es darum, dass die Jugendlichen den Schulalltag vermissen und wissen, wie wichtig die Bildung für ihre Zukunft ist und sie sehen, welche Defizite ihnen derzeit mit auf den Weg gegeben werden.

Es ist ein zweischneidiges Schwert. Kinder und Jugendliche erkranken seltener und sind doch Überträger. Die Schulen wurden mit dem zweiten Lockdown wieder auf Distance Learning umgestellt. Manche Schulen/Lehrende haben aus dem Frühjahr gelernt, manche tappen nach wie vor im Dunkeln.

Und die Eltern? Nur wenn die Schule geschlossen ist, haben sie Anrecht auf die zusätzlichen Betreuungszeiten. Nachdem die Schule aber grundsätzlich nicht geschlossen ist (sondern nur auf Distance Learning umgestellt), sind viele Eltern in der gleichen Situation wie während dem ersten Lockdown, müssen sich zersprageln und alles unter einen Hut bringen.

Schaut man reihum in andere Länder, sieht man, dass versucht wird, mit unterschiedlichen Beschränkungen und Maßnahmen die Infektionszahlen zu senken. Ein bisserl wirkt es, als ob Europa eine einzige Versuchsstation wäre. Sogar Schweden hat in der Zwischenzeit schärfere Bestimmungen beschlossen, weil es auch da mit Selbstverantwortung alleine nicht geht.

Weihnachten

Ich verstehe die aktuelle Regelung für die Feiertage nicht. Am Heiligen Abend sind es Menschen aus zwei Haushalten, die sich treffen können. Und am nächsten Tag sind es zehn Menschen und es ist egal, wieviele Haushalte das betrifft? Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Zehn Haushalte auf engem Raum schreit nach Ansteckung und Clusterbildung, wenn sich das Virus unter die Runde mischt.

Und andererseits heißt es, Regeln beachten, denn es soll heuer nicht das letzte Weihnachtsfest mit den Großeltern gewesen sein. Wenn es denn überhaupt noch eines mit den Großeltern gibt!

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Wie hat unser Bundeskanzler gesagt? Bald wird jeder jemanden kennen …
Mein Mitgefühl gilt heute besonders einem befreundeten Paar. Diese Familie ist betroffen! Diese Familie hat den Verlust eines älteren Familienmitglieds aus der sogenannte vulnerablen Gruppe zu betrauern! Für diese Familie gibt es heuer kein frohes Weihnachten! Sie würden wohl alles dafür geben, sich wenigstens auf Abstand – und wenn es durchs Telefon wäre und nicht am Grab stehend – alles Gute wünschen zu können. An dieser Stelle mein aufrichtiges Beileid!

Selten ist der Wunsch nach Gesundheit so nah wie in diesen Tagen. Es gibt viele Wünsche, doch einer ist ganz groß:

Bitte keine dritte Welle und schon gar keine von Dauer!

(Alle Bilder Pixabay)

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