Die Badewannenschräge

Die Badewannenschräge

Wer kennt sie nicht, die Dinge, die einfach DA sind. Unbeachtet, ignoriert, vernachlässigt. Aber würden sie fehlen, hätten wir ein Problem. Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, als ich den Duschvorhang zum Waschen abnehmen wollte. Mit meinen 174 cm bin ich gerade zu klein, um den Vorhang auf der Seite des Abflusses runterzunehmen. Nicht einmal auf den Zehenspitzen stehen reicht hier. Aber siehe da, am oberen Ende schaffe ich es leicht. Das war wirklich die Erkenntnis des Tages und sie sollte nicht die einzige bleiben.

Nehmen wir das Telefon. Genauer gesagt, das Smartphone mit all seinen Funktionen und Apps. Ich bekam Gelegenheit, darüber nachzudenken, weil mein Spross sein Handy im Zug verloren hat. Das ist mir auch schon mal – glücklicherweise nur fast – passiert, seit diesem Tag hänge ich mein Handy an meiner Tasche an.

Telefonieren macht mittlerweile nur noch einen kleinen Teil der Nutzung eines Telefons aus. Nehmen wir als Beispiel ein Treffen mit Freundinnen. Wir nutzen …

  • Whatsapp zum Ausmachen, wenn notwendig, wird eine neue Gruppe gebildet, damit alle den gleichen Wissensstand haben.
  • Ist es eine größere Gruppe, kann der Termin leichter mit Doodle gefunden werden. Im Firmenkalender wird nachgeschaut, ob sich der Tag für abendliche Aktivitäten eignet.
  • Gleich im Familienkalender eingetragen, wissen auch die Angehörigen, dass der Abend vergeben ist.
  • Über Google wird ein Lokal gesucht bzw. überprüft, ob es überhaupt geöffnet ist.
  • Mit einer Wetterapp schauen wir, ob wir draußen sitzen können und überprüfen sicherheitshalber über Regenradar, ob es eh noch passt.
  • Über Maps finden wir den Weg. Dazu verschicken wir den Link an jene, die das Lokal nicht kennen. Erwischen wir als iPhone-Nutzer Apple-Maps, müssen Android-Nutzer mit der eigenen Karte suchen.
  • Den Impfpass haben wir elektronisch und zeigen ihn vor.
  • Bezahlt wird mit der NFC-Funktion am Handy (oder der Smartwatch).
  • Wir haben natürlich rechtzeitig mobil überprüft, ob noch genug Geld am Konto ist. Wenn notwendig, machen wir einen Transfer.
  • Bei dieser Gelegenheit schauen wir gleich nach, ob das Finanzamt das Guthaben vom Steuerausgleich schon überwiesen hat. Hat es das nicht, brauchen wir die Handysignatur, um zu überprüfen, woran das liegen könnte.
  • Im Lokal genießen wir das Essen und tragen es pflichtschuldigst in die Essensapp ein und kontrollieren gleich, wie viele Kalorien wir zu uns genommen haben.
  • Ist das Wetterschön genug, machen wir anschließend einen Verdauungsspaziergang, um einen Teil davon wieder loszuwerden und tracken über die Fitnessapp, wie weit wir denn gegangen sind.
  • Ein Blick auf die Uhr zeigt, ob man noch Chance auf eine U-Bahn hat oder nicht oder ob man sich doch besser ein Uber-Taxi nimmt.
  • Diejenigen, die öffentlich unterwegs sind, schauen über Scotty nach, wann denn die nächste U-Bahn fährt. Wer noch kein Ticket hat, kann es sich über die ÖBB direkt buchen und braucht kein Papierticket, weil es am Handy hergezeigt werden kann.
  • Natürlich haben wir bei dem Treffen Fotos gemacht. Die werden in der Freundinnengruppe geteilt, auf Facebook oder Instagram hochgeladen. Oder wir nutzen Snapchat o.ä. Wer will, kann gleich ein Reel daraus machen und andere damit unterhalten.
  • Am Weg nach Hause werden die Nachrichten gecheckt. Nicht nur die eigenen in diversen Messenger-Diensten, sondern auch die der Welt. Über Twitter erfährt man, was gerade so los ist. Über YouTube hat man die bewegten Bilder dazu. Ich habe oft meine Kopfhörer dabei und höre mir den Ö1-Podcast an, um informiert zu bleiben.
  • Habe ich dazu keinen Kopf, spiele ich Tarock oder Backgammon auf dem Handy. Beides ist übrigens online mit irgendjemandem irgendwo auf der Welt möglich.

Doch das Telefon funktioniert nur, weil wir Strom haben. Der Strom kommt ja aus der Steckdose, so wie das Geld aus dem Bankomaten kommt oder? Wie es wäre, wenn wir keinen Strom hätten, das ist ein sehr umfassendes eigenes Thema. Kürzlich haben wir uns mit Freundinnen darüber unterhalten. Es hat sich herausgestellt, dass sich keine von uns die volle Tragweite eines Blackouts vorstellen kann.

Doch zurück zum verlorenen Telefon.

Ich konnte mir vorstellen, wie mühsam es sein würde, all die Informationen wieder zu beschaffen und alle Funktionen wieder nützen zu können, abgesehen davon, dass ein neues Telefon auch Geld kostet.

Also habe ich immer wieder auf dem verlorenen Handy angerufen. Zwar stellte ich mir vor, dass jemand, der nicht die Absicht hatte, es zurückzugeben, das Handy einfach läuten lässt. Ja vielleicht sogar grinsend auf das Telefon schaut und partout nicht abhebt. Oder dass es im Fundbüro abgegeben wird und dort mein Anruf entdeckt wird. Jedenfalls hoffte ich erfolgreich zu sein, bevor der Akku leer ist. Ich habe insgesamt 11 Mal angerufen. Und …. tataaaaaaa … meine Bestellung beim Universum habe ich offenbar richtig formuliert.

Denn plötzlich läutete mein Telefon, eine unbekannte Nummer (ja, ich hebe auch bei unbekannten Nummern ab), eine unbekannte Stimme: „Sie haben ein Telefon verloren?“. Es stellte sich heraus, dass die Finderin das Telefon im Zug neben ihrem Sitz nur auf Grund des penetranten Läutens entdeckt hat. Laut gebimmelt hat es nur, weil es die Einstellung auf dem Telefon erlaubte, dass mein Anruf durchkommt, üblicherweise ist es stumm. Dessen war ich mir gar nicht bewusst. Bis sie das Handy fand, war der Anruf vorbei. Unter den entgangenen Anrufen konnte sie meine Telefonnummer finden, obwohl das Handy gesperrt war und mich so von ihrem Telefon aus anrufen.

Karma hatte Dienst

Sie meinte, das ist Karma, denn ihre Tochter hatte vor einiger Zeit ihr Handy verloren und es wieder zurück bekommen. So gesehen muss es schon Karma gewesen sein, als ich vor einiger Zeit in Telc ein Handy gefunden hatte und es dem glücklichen Besitzer wieder geben konnte. Die Geschichte ist hier nachzulesen. Und es ist Karma, dass mein Sohn gemeinsam mit seiner Freundin wenige Tage, nachdem er sein Handy wieder in seinen Händen hatte, im Zug eines gefunden und es der aufatmenden Besitzerin wieder bringen konnte.  So soll es weiter gehen! Also haltet die Augen und Ohren offen.

Übrigens, mein Telefon ist auch gesperrt, da kommt man nicht so einfach rein. Doch seit ich das Handy in Telc gefunden habe, habe ich einen Bildschirmhintergrund, der meine Notfallnummern zeigt. Damit mein Handy die Chance hat, auch wieder zu mir zurückzufinden, sollte ich es verlieren.

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